Alles wird gut … von Sven Dombach

Es ist mittlerweile Mitte November …

und das Jahr neigt sich dem Ende zu. Auch was das Wallerangeln betrifft, gilt es für mich langsam Abschied nehmen von der Saison, denn bald hält der Winter Einzug und diese Zeit widme ich traditionell dem Spinnfischen auf Hecht und Zander. Vielleicht bietet sich noch mal die Gelegenheit für einen Kurztrip nach Spanien aber in meinem Heimatgewässer gönne ich den Bartelträgern ihre wohlverdiente Winterruhe.

Bevor ich aber innerlich mit der Welssaison an meinem Fluss abschließen kann, wollte ich unbedingt ein letztes Mal einen meiner schleimigen Freunde an den Haken bekommen. An dieser Stelle muss ich darauf hinweisen, dass ich mittlerweile über 20 Nächte als Schneider nach Hause gefahren bin. Ich hatte zwar ein paar Fehlattacken aber verwerten konnte ich davon keine Einzige. So zäh habe ich die Fischerei sehr selten erlebt und nach dem sehr erfolgreichen Frühjahr und Frühsommer ist für mich diese Beißflaute nur sehr schwer zu erklären. Ein ähnliches Phänomen hat ja mein Clanbruder Kai am Neckar auch erlebt. Wir waren somit Leidensgenossen und wir haben sehr viel über die Ursachen diskutiert und nach möglichen Lösungen gesucht.

Wir waren im Oktober für zwei Wochen zusammen an der Petite Rhone und auch dort war die Fischerei in der Heimat immer wieder Thema. Und trotz der wirklich tollen Fische, die wir beide dort fangen durften, stand für mich fest, ich will meinen Fisch aus der Heimat. Unbedingt!

Ich bin Sonntags zurück gekommen und am Montag …

saß ich dann zusammen mit meiner Frau und meinem kleinen Sohn am Mittagstisch. Es freut mich total wieder zurück bei meiner Familie zu sein aber der Wunsch einen Fisch aus meinem Heimatfluss zu überlisten, lässt mich nicht in Ruhe. Maja, meine Frau kennt mich ganz genau. „Du willst ans Wasser!?“ Ich schaue sie an ….. ich liebe diese Frau. „JAAAA!“ Kurz drauf bin ich in meinem Angelkeller und packe die nötigen Sachen für eine Nacht zusammen. Leider verlaufen diese und die beiden folgenden Nächte wieder ohne Biss. Egal ich gebe nicht auf. Am letzten Freitag hatte mein Clanbruder und Cousin Jan Geburtstag. Ein paar Tage vorher habe ich mit ihm telefoniert. Er sagte mir, dass er eine kleine Feier machen möchte und er hat mich natürlich dazu eingeladen. „Ich komme nicht, ich gehe Fischen. Das Wetter ist so perfekt, ich muss ans Wasser“. Jan hat natürlich vollstes Verständnis und wünscht mir für die anstehende Session alles Gute.

Der Wetterbericht kündigte für Freitagnacht …

Temperaturen über 10 Grad an und der Glaube an den lange ersehnten Erfolg treibt mich voran. Im Vorfeld der Session bin ich mit dem Boot auf dem Wasser auf der Suche nach den Winterstandplätzen. Der Fluss hat mittlerweile ein ganz anderes Gesicht, als noch vor meinem Frankreichtrip. Die Bäume haben ihr Laub verloren und das Wasser ist glasklar. Viele Blätter treiben auf der Oberfläche und nirgends Aktivität von Weißfischen. Ich treibe über eine tiefe Außenkurve. Hier hat der Wind viel Treibgut in die Büsche getrieben, was den Fischen einen dunklen und sicheren Unterstand bieten könnte. Als ich diese markante Stelle passiere, taucht wie aus dem Nichts ein Balken auf meinem Echo auf. Ich traue meinen Augen nicht, da kommen weitere Balken und ich habe die Gewissheit. SIE SIND DA!!!

Ich habe sie gefunden und genau hier werde ich fischen …

Ich kann es gar nicht abwarten ans Wasser zu kommen und so bin ich bereits gegen 14 Uhr unterwegs und 15 Minuten später lade ich in Ruhe mein Auto aus. Mein Hund Eddie beobachtet das Geschehen mit seiner für ihn so typischen, fehlenden Hilfsbereitschaft aber alleine seine Gesellschaft bereichert jeden meiner Ansitze. Ohne ihn würde mir am Wasser etwas fehlen. Jeder, der das Ansitzfischen auf Waller auch alleine betreibt, weiß, dass es viel Organisation und Arbeit bedeutet, bis die Ruten ordnungsgemäß ausgebracht sind. Viele Handgriffe fallen ohne die Hilfe eines Angelpartners schwerer und alles dauert viel länger aber es geht! Gegen 17 Uhr sind meine Ruten sauber präsentiert, ich baue noch schnell mein Lager auf und harre der Dinge die da kommen mögen.

Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück und es kehrt innerliche Ruhe ein. Ich habe ein gutes Gefühl und bin mir sicher keinen Fehler gemacht zu haben. Jetzt liegt es „nur“ noch an dem Fisch, ob er mir die Ehre erweisen möchte. Das Wetter ist alles andere als ruhig. Der Wind bläst eine stramme Briese und lässt meine Schnüre singen. Und immer wieder versucht sich der Regen gegen das wüste Treiben des Windes durchzusetzen. Mal abwarten wer diesen Kampf gewinnt.

 

In dieser fast mystischen Atmosphäre lasse ich meine Gedanken schweifen …

es wird langsam dunkel und ich erinnere mich an vergangene Sessions in diesem Jahr. Mosel, Neckar, Po, Rhone … vieles ist passiert und es waren ganz besondere, emotionale Situationen dabei. Ich durfte unglaublich tolle Fische fangen und auch die Momente mit meinen Angelpartnern waren sehr intensiv und ich habe jede Sekunde genossen. Ich sehe die Farben der unvergleichlichen Sonnenuntergänge in der Camargue vor meinem inneren Auge und habe den salzigen Geschmack der südfranzösischen Luft auf der Zunge. Es erfüllt mich mit großer Dankbarkeit, dass ich das alles erleben darf.

Dieses Seelenkino ist toll und bewirkt in mir eine sehr große, innere Zufriedenheit…plötzlich holt mich ein Geräusch, das ich sehr gut kenne, zurück in die Realität. Das Glöckchen!!! Ich blicke gegen den dunklen, wolkenbedeckten Himmel und kann meine Rutenspitze sehen. Sie zuckt und wippt langsam nach Vorne. BISS!!! Auch Eddie weiß das genau und sitzt sofort in gewohnter Manier neben der betroffenen Rute. Als diese sich erneut nach vorne neigt, quittiere ich das Geschehen mit einem beherzten Anschlag. Ich halte kurz die Luft an. JAAAAWOLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLL!!! Er hängt. Ich schreie vor Freude und schlage reflexartig direkt noch mal an. Geil, endlich, ich habe ihn meinen Herbstwaller.

Der Drill verläuft unproblematisch und nach ein paar Minuten sehe ich den Fisch im Schein meiner Kopflampe. Ein für die Lahn sehr beachtlicher Fisch zeigt mir seinen urigen Schädel. Der Haken sitzt sicher im Maulwinkel und das Versorgen geht schnell und routiniert. Ich leine diesen Fisch an und als er fit ins tiefere Wasser abtaucht, habe ich Gänsehaut am ganzen Körper. Ich setze mich ins feuchte Gras und schließe kurz die Augen. Es fühlt sich verdammt gut an. Ich hab`s gewusst. Sie sind da!

Nach ein paar Minuten habe ich mich wieder gesammelt …

und greife zu meinem Handy. Ich fühle mich wie damals, als ich meinen ersten Wels mit der Spinnrute gefangen hatte. Ich habe das Bedürfnis es allen zu sagen und rufe innerhalb kürzester Zeit eine Menge Leute an, um sie es wissen zu lassen. Auch meine Frau rufe ich an, was ich sonst eigentlich nie tue, wenn ich einen Fisch gefangen habe. Aber diesmal ist es mir ein Bedürfnis. „Ich habe ihn, Schatz“. Und am anderen Ende der Leitung fühle ich an ihrer Stimme echte Freude. „Den hast du dir wirklich verdient!“ Diese Worte von meiner Frau bedeuten mir sehr viel, weil ich ja weiß, dass sie meine Passion sehr wohl akzeptiert und auch unterstützt aber diese nicht wirklich verstehen kann.

Mein Freund Achim Flauger setzt sich sofort ins Auto und kommt ans Wasser, um ein paar Foto`s von dem Fisch zu machen. Er bringt Bier mit und der erste Schluck schmeckt göttlich. Natürlich erzähle ich ihm alles noch mal ganz genau und auch er signalisiert mir echte Freude. Ich habe es in anderen Berichten schon öfter geschrieben. Die Anteilnahme der Freunde bedeutet mir mindestens genauso viel wie der gefangene Fisch.

Nach der kleinen Fotosession darf der Urian wieder zurück …

ins dunkle Wasser der Nacht und als er davon schwimmt, ruft mir Achim zu „Petri heil“. Ich brummele vor mich hin „ja, Petri Heil, Sven“. Als Achim wieder weg ist, lege ich mich auf mein Bedchair und beobachte meine vom Wind bewegten Spitzen meiner NAZGUL. Gefühlt ist dieser Fisch der wichtigste für mich in diesem Jahr auch wenn er von der Größe her nicht mit den Riesen der Petite Rhone oder dem Po mithalten kann.

Was kann man nun als abschließende Worte schreiben, die das Geschehen untermalen!? Vielleicht „Beharrlichkeit zahlt sich aus“ oder „Niemals aufgeben“ oder „Immer weiter machen“!? Sicherlich sind das ganz wichtige Dinge. Ich denke aber, dass es eine ganz wesentliche Sache gibt, die den Erfolg bringt. „DER GLAUBE AN DAS, WAS MAN TUT!!!“ Nur wenn man auch daran glaubt, was man tut und nur wenn man von seinem Handeln absolut überzeugt ist, wird am Ende alles gut.

Jetzt bin ich mit meinem Fluss im Reinen und ich kann beruhigt von ihm lassen. Sicherlich kommen noch ein, zwei Nächte mit meinem Cousin Jan, vielleicht kann ich ihm dabei helfen, dass auch er noch seinen Herbstwaller fängt.

ALLES IST GUT …

In diesem Sinne