Gradwanderung … von Johannes Martin

Der Herbst …

Eine der schönsten und erfolgversprechendsten Zeiten des Jahres. Die Blätter der Bäume färben sich nach und nach bunt, das saftige Grün der Schilfgürtel verblasst. Was bleibt ist eine karge und leblos wirkende Landschaft. Die Tage werden kürzer, die Nächte länger. Tagsüber ist es oft sonnig und klar, dafür aber windig und kalt. Nachts bildet sich zumeist dichter Nebel und legt sich wie ein Schleier über die Gewässer und deren Ufer, bis die ersten Sonnenstrahlen den Spuk in der Morgendämmerung wieder beenden.

Doch nicht nur über der Wasseroberfläche ist die Veränderung spürbar. Die Wasserpflanzen sterben langsam ab und legen sich auf den Gewässergrund, Seerosenfelder verschwinden. Auch die Wassertemperaturen sacken in die Tiefe und entscheiden, je nach Verlauf, über Sternstunden und Schneidertage. Auch die Fische bemerken diese Veränderungen und reagieren darauf. Ihr Instinkt bringt sie dazu noch einmal richtig zuzulangen und sich für den bevorstehenden Winter zu rüsten. Auch die Silure folgen diesem Trieb. Wer während dieser Phase am rechten Ort ist, kann zum Ende des Jahres noch einmal richtig ernten.

Der Monat Oktober war deshalb im letzten, wie auch in diesem Jahr ein passender Zeitpunkt für uns, um das Glück einmal mehr auf die Probe zu stellen. An den unterschiedlichsten Gewässern erlebten wir bei diesen Touren einige beeindruckende und unvergessliche Momente. Dabei waren es nicht nur die Fangerfolge die diese Herbstsessions zu besonderen Erlebnissen machten.

Es fängt beispielsweise schon beim Köderfischfang an …

denn dieser wird bei fallenden Temperaturen nicht unbedingt leichter. Oft sind Geduld und Ausdauer, aber auch große Aufmerksamkeit gefragt, um am Abend seine Ruten mit frischen Ködern bestücken zu können. Beim Ausbringen der Montagen kennt der Herbst dann ebenfalls keine Gnade. Mal ist es der Wind, der das Anbinden am anderen Ufer oder das Bojensetzen zur Nervenprobe macht, weil unser Boot immer genau im entscheidenden Moment weg- und unser Blutdruck dadurch in die Höhe gedrückt wird. Ein anderes Mal entschuldigt die Strömung eines Herbsthochwassers keine Fehler und bringt zu allem Überfluss noch jede Menge Treibgut mit sich, das uns die Falle, kurz nachdem wir sie perfekt gestellt und positioniert haben, eiskalt wieder abräumt.

Hinzukommt, dass die Köderfische uns in ihrer Panik …

durch hektische Schwanzschläge im Eimer bzw. beim Rausheben öfters mal ‘ne ordentliche Ladung Wasser auf die Kleidung schaufeln. Was im Sommer noch eine willkommene Abkühlung war, kann uns nun schon schön den Tag vermiesen. Denn was im Herbst erstmal nass ist wird so schnell nicht mehr trocken. Wohl dem, der genügend Wechselkleidung im Petto hat.

Nachdem unsere Ruten dann endlich gelegt sind …

versucht die Flamme unsres Gaskochers laut rauschend das Nudelwasser aufzuheizen, wird aber vom Wind dabei gestört, wodurch das Kochen, neben dem Köfiangeln, ebenfalls zur Geduldsache wird. Doch nicht nur der Flamme macht der raue Herbstwind zu schaffen, auch wir haben bereits die dritte Schicht Kleidung angelegt und blicken aus unserem Shelter auf die Ruten. Mittlerweile ist es Nacht geworden und der Nebel breitet sich still und leise aus. Ehe man sich versieht, ist man komplett darin eingeschlossen. Wacht man am nächsten Morgen auf, ist es keine Seltenheit, dass Taschen, Shelter, Abhakplane und gar der Schlafsack von Reif „befallen“ sind.

Die Nächte sind kalt, da schafft ein heißer Kaffee …

im herbstlichen Sonnenaufgang schon ganz gut Abhilfe. Werden dann am Morgen die Fische der Nacht abgelichtet, kostet ein Wasserfoto schon ein bisschen mehr Überwindung als im Sommer und wird ab 10° Wassertemperatur zur regelrechten Tortur. Aber was soll’s, watt mutt dat mutt!

Ist man nach einem solchen Trip wieder zuhause …

wird man beim Blick auf die Hände schnell vom Erlebten eingeholt, denn diese sind neben den üblichen Biss- und Schürfwunden von Temperaturen, Wind und Feuchtigkeit gezeichnet.

Dies sind nur einige der Faktoren …

die für das herbstliche Angeln diesen besonderen Reiz ausmachen. Die Natur zu erleben, wie sie sich nach und nach für die harte Zeit rüstet und dies zu nutzen, um einen dicken Waller ans Band zu bekommen wird deshalb auch in den nächsten Jahren fester Bestandteil meiner und unserer Planungen sein und uns selbst bei größtem Sauwetter raus aufs Wasser treiben.

Euer …