Interview mit Thomas Flauger … geführt von Sven Dombach

Hallo Silures …

auf unserer Homepage möchten wir umfassend über das Fischen auf Wels informieren. Erlebnisberichte vom Wasser werden genauso beschrieben, wie Montagen und Methoden. Ein besonderes Highlight sind für mich aber immer unsere Interviews. Dabei treffen wir Menschen, die unseren Weg beeinflusst haben, bzw. die uns besonders am Herzen liegen. Mein Interesse für den Wels wurde Anfang der 90er Jahre durch das „Wallerbuch“ von Thomas Flauger geweckt. Ich habe dieses Werk seinerzeit verschlungen und ich kann nicht sagen, wie oft ich es bis zum heutigen Tage gelesen habe.

Mittlerweile kenne ich Thomas persönlich und wir haben auch schon gemeinsam dem Silure im In- und Ausland nachgestellt. Es ist faszinierend mit welcher Leidenschaft dieser Mann immer noch jede Stunde am Wasser bestreitet. Der Spaß an der Sache und die Konzentration auf den Erfolg stehen dabei immer im Mittelpunkt. Er gibt gerne und ehrlich seine Erfahrungen weiter, und das Ganze mit einer angenehmen und unverkrampften Leichtigkeit, die einem immer das Gefühl gibt, dass jeden Moment der Riesenfisch beißen könnte.

Einen Spruch von Thomas mag ich ganz besonders : „ Heute ist die Nacht für die ganz Großen“. Egal was er eigentlich damit sagen will. Dieser Spruch erzeugt Spannung und gibt einem beim Fischen immer ein gutes Gefühl. Und das ist wichtig für den Erfolg. Positiv denken und niemals den Glauben an die Sache verlieren. Das sind für mich die Werte, die ich mir von ihm abgeschaut habe. Und diese Einstellung hat mir schon in vielen, ausweglosen Situation geholfen, einfach weiter zumachen. Es freut mich ganz besonders, dass sich Thomas bereit erklärt hat, mir ein paar Fragen zu beantworten. Er gibt Antwort auf das was war, das was ist, und das was er in der Zukunft machen möchte.

Also, viel Spaß beim Lesen…

Was waren die Gründe dafür, dass du deinen Lebensmittelpunkt nach Südfrankreich verlagert hast?

Meine Auswanderung nach Südfrankreich hat wohl seine Wurzeln schon in meiner Kindheit. Wir verbrachten unseren Familienurlaub eigentlich jedes Jahr hier unten, und für mich und meinen Bruder Achim war das natürlich immer eine besonders schöne Zeit, mit der kleinen Glasfaserspinnrute das Flüsschen Cèze mit seinen Felsdurchbrüchen und seinem kristallklaren Wasser zu erkunden, oder einfach weit weg vom schulischen Leistungsstress (Lehrer haben den wohl auch manchmal..) die von Thymian und Rosmarin angereicherte Mittelmeerluft zu genießen, und den herausfordernden Blicken der gleichaltrigen französischen Schönheiten des anderen Geschlechts mit schüchternem Lächeln und rotem Kopf mehr oder weniger mutig zu antworten.

Solche Erinnerungen prägen sich einfach so tief ein ins Bewusste und Unbewusste, und können dann den Lebensverlauf eines Menschen mit beeinflussen. Definitiv bin ich Südfrankreich eigentlich immer treu geblieben, selbst wenn ich auch viele andere Reisen mit Motorrad oder Angelrute gemacht habe. Und dann kam es irgendwie immer dicker, mit den Riesenkarpfen-Abenteuern der Sternstunden des ST. CASSIEN, gefolgt vom Entdecken eines total unberührten Waller- Paradieses – das Rhônedelta. Das hat mich zu dieser Zeit so stark angezogen, dass ich einfach hier herziehen musste.

Welche Menschen haben deinen anglerischen Werdegang beeinflusst?

Schon als Kleinkind so mit etwa vier Jahren war ich wie instinktiv vom Angeln angezogen. Ich angelte mit Stock und Schnur (an der ein Effzett Blinker war) in der Regentonne meiner Großeltern. Ich kann mich noch ganz genau dran erinnern. Und dann nahm mich mein Vater meistens mit auf seine Angel-Samstage bei denen es meistens auf Schleien (im Winter) oder auf Karpfen ging. Als Ich dann schon etwas älter war, so um zehn/zwölf Jahre, habe ich mich auch von anderen Anglern inspirieren lassen, von Freunden meines Vaters, wie Werner FABIAN, der leider schon verstorbene Alfred KURZ, und viel auch von Kurt PIETSCH mit dem ich dann die ersten großen Waller-Abenteuer erleben durfte. Allen diesen Freunden verdanke ich sehr viel und bin ihnen dafür ewig dankbar.

Was jetzt speziell das Wallerangeln betrifft, möchte ich besonders Kurt PIETSCH nennen, der als ehemaliger Jugendwart des Angelsportvereins Wetzlar wirklich klasse war. Er war es auch der schon Ende der achtziger Jahre an den Po und an den Ebro fuhr um Wallergewässer zu erkunden, wirkliche Pionier-Arbeit leistete, und mich mit dem Welsfieber ansteckte.

Er hat mir den Virus eingehaucht, und dann habe ich ganz schnell meine eigenen Erfahrungen und Experimente gemacht, wie zum Beispiel das Spinnfischen bei Nacht an der Oberfläche mit rasend schnell geführtem Effzett, das war zu dieser Zeit dann schon reichlich überraschend und diese selbst erarbeiteten Erfolge gaben mir dann auch das Selbstvertrauen um weitere Techniken und Gewässer zu erforschen, ohne immer zu zweifeln, ob es auch nicht zu „weitgegriffen“ ist.

Mit der Firma „Carpsounder“ hast du deine Passion Angeln zum Beruf gemacht. Gibt es noch anglerische Herausforderungen für dich?

Was Carpsounder betrifft, so versuche ich so gut wie’s halt geht, meine reinen Angelvergnügen und die halb professionellen Sachen (wie Prototypen testen usw. ) auseinander zu halten. Es genügt dann eigentlich beim Entwickeln von speziellen Geräten auf genug anglerische Erfahrung zurückgreifen zu können, um dann auch ein praxistaugliches Produkt herstellen zu können, ohne dass noch jahrelang daran rumverbessert werden muss.

In Sachen anglerische Herausforderungen, kann ich dir nur sagen, dass jede kleinste Angelstunde eine neue Herausforderung für mich ist. Wenn ich mit ner Rute am Wasser steh ist das bereits der Fall ! Was mich besonders reizen würde, um mal einige Dinge zu nennen. Mal auf Saiblinge zu angeln, weil dies meist innerhalb eines grandiosen Berg-Panoramas stattfindet, und weil diese Fische so schön sind, und aus mysteriöser Tiefe kommen (ich warte gerade auf Hegenen aus Österreich).

Endlich mal wieder auf große Schleien zu angeln, mit feinem Gerät (hab die Ruten schon bestellt). Eine effiziente, alternative Welsmethode zu finden (zum Spinnfischen) die gut funktioniert, und die ohne die übliche, auf mich abstoßend wirkende „Karauschen-Quälerei“ vonstatten geht. Die Fische mit tonnenweise Pellets wochenlang zu dressieren ist auch nicht so mein Ding. Das sollte nicht als Kritik an anderen Anglern falsch verstanden werden, jeder soll das machen was er für richtig hält, und die Sache betrifft nur meine persönliche „Angler-Ehre“, die sich schon immer gegen „den Fisch um jeden Preis“ gesträubt hat.

Ich forsche zur Zeit an einem Köder, der so schnell wie möglich auf den Waller wirkt, ohne dass unbedingt sehr lange und viel angefüttert werden muss. Mal sehen wie sich die Sache so weiterentwickelt. Beim Angeln fehlt es mir nun wirklich nicht an neuen Herausforderungen !!!

Du hast im In- und Ausland den Ruf eines Pioniers der modernen Wallerfischerei. Was bedeutet das Wallerfischen heute für dich?

Nachdem ich Ende der Achtziger Jahre wie ein Verrückter auf Großkarpfen ging, hatte ich eine Art „Wallerwahn“ der etwa sieben Jahre lang anhielt. Nachdem ich dann im Rhônedelta im Oktober 1995 den ersten wirklichen Riesen von über 2.50 m fing, hat sich diese Begeisterung langsam gelegt. Ich hatte mir irgendwie selbst genug bewiesen, und verspürte das Verlangen mich wieder zurück zum Allround-Angler zu entwickeln. Und diese Situation ist auch heute noch so für mich. Es macht mir immer wieder Freude auf Waller zu angeln, jedoch mache ich dies heute zum reinen Vergnügen, ohne jegliche extreme Ambitionen.

Na ja, ich will mal ganz ehrlich sein. Wenn ein paar Kollegen schon tagelang ohne großen Erfolg mit großen Mitteln fischen, fange ich ihnen schon gerne mal nen Wels auf die Schnelle mit der Hechtrute vor…, ich müsste lügen um diesen „Rest-Ehrgeiz“ zu verneinen ! Aber insgesamt gehe ich die Sache viel cooler an, als vor zehn Jahren.

Welche Methoden bevorzugst Du bei der Wallerjagd?

So in der Tiefe meines Inneren, hab ich immer noch diese allerersten Walleranbisse beim nächtlichen Spinnangeln (insbesondere vom Ufer aus) in mir gespeichert. Die knallharten Rucke ganz nah vor dem Ufer oder bereits beim Aufklatschen des Blinkers auf die Oberfläche. Und dann der gewaltige Drill am eigentlich viel zu leichten Gerät !

Eine gute Rute, zwei Ersatz-Effzett in verschiedenen Gewichten und einen Strick in der Hosentasche, und die Kopflampe als Halsband, das ist für mich die edelste Art. Einfach puristisch schnörkellos, so viel Sensationen mit so wenig Material- Aufwand. Aber ich werde beim Ansitzangeln auch sehr gerne vom Bissanzeiger-Sound aus meinen Träumen (vorzugsweise mit viel Sex) gerissen. Der Kontrast von auf mich wirkenden geilen Weibern und des Wallermauls, ist dann einfach so extrem klasse !!!

Seit diesem Frühjahr angele ich wieder öfters auf Waller, und zwar versuche ich insbesondere meine Passion für große Flusskarpfen und Welse sinnvoll und erfolgreich zu verbinden. Deshalb auch die Geschichte mit dem neuen Köder, der dann letztendlich ein Waller und Karpfenangeln mit identischen Mitteln und am selben Platz als Endziel hat.

Gibt es den 3 -Meterwels. Wenn ja, wo lebt er und ist dieser mit der Angel zu bezwingen?

Diese Frage stellt sich quasi jeder Waller-Fan ! Hinsichtlich der drei Meter habe ich so wie ne Art gespaltene Persönlichkeit. Meine tiefste Überzeugung ist JA, selbst wenn die wissenschaftlichere Auswertung der Wallerfänge nicht unbedingt dafür spricht. Aber es gibt ja auch einen 2.60 m großen Menschen auf der großen Welt, was einfach gigantisch erscheint.

Die riesigen Flüsse bieten so einen großen Lebensraum, und dass Waller nur in und um tiefe Löcher stehen ist ja bereits ausreichend widerlegt. Es ist für mich eher wahrscheinlich dass es IHN gibt, und zwar deshalb weil er einfach überall leben kann, dort wo er quasi nie befischt wird. Außerdem stellen die zur Zeit fehlenden 35 cm zu den gefangenen 2.60 + nur etwa eine prozentuale Addition von 10% Länge dar. Eine zehn prozentige Steigerung halte ich für durchaus möglich. Es sei außerdem erwähnt wie viele Leute vor zwanzig Jahren über mich gelacht haben, als ich nicht mehr nach Spanien fuhr, sondern ans Rhônedelta mit dem 100 Kilo Waller als Zielfisch.

Und selbst wenn es ihn in der Realität nicht gibt, so wird es ihn immer wieder geben, und zwar im Kopf des begeisterten Welsanglers, was eigentlich schon einer virtuellen Existenz gleichkommt! Und die Grenzen und Übergänge von Realität und Geist sind nicht so einfach zu definieren wie viele denken. Der Spruch „Glaube versetzt Berge“ ist bei meiner persönlichen, anglerischen Philosophie eigentlich immer nur positiv gewesen.

In welchen Gewässern hast du dem Wels nachgestellt? Gibt es für dich ein Lieblingsgewässer, wenn`s auf Wels geht?

In folgenden Gewässern habe ich auf Welse geangelt.

Ganz am Anfang in Teichen wie dem großen Weiher in Braunfels, den Niederbieler Teichen, dem Tiergarten Weiher usw. Dort habe ich auch die ersten nächtlichen Experimente mit BIG’S Wobblern, Bleikopfspinnern und Löffelblinkern gemacht. Von dort aus ging es dann an die Lahn, bevor meine Ebro-Zeit kam.

Vom Ebro ging es dann ans Rhonedelta, und von dort aus zum Po und zum Mincio. Dann habe ich eine Türkei-Wallerexpedition an den Saryar und Hirfanli See gemacht, ein überwältigendes Land mit tollen Leuten und endlosen Gewässern. Gefangen hab ich leider dort nichts. In Nordgriechenland war ich ja schon vorher, jedoch mit dem Motorrad und ner kleinen Teleskopspinnrute, nur so zum Erkunden neuer Abenteuer. Im Lac de Saint Cassien hab ich auch ein paar mal auf Welse geangelt, sowie in den französischen Flüssen Herault und Creuse.

Du hast gerade dein Karpfenbuch „Au fil de la carpe“ fertiggestellt. Wann gibt es eine Neuauflage deines legendären Wallerbuchs?

Nach dem Karpfenbuch in französischer Sprache würde es mich schon reizen ein Wallerbuch 2 zu bringen. Was das originale Wallerbuch betrifft, so ist eigentlich noch alles was drin steht beim Angeln relevant. Jedoch könnten viele neue Erkenntnisse und Angeltechniken hinzukommen um dieses Buch zu ergänzen. Eigentlich habe ich das erste Wallerbuch fast schon im Voraus geschrieben, mit vielen Vermutungen und auch Spekulativen Passagen, und den Inhalt dann darauffolgend anglerisch verwirklicht. Das Buch war gewissermaßen zugleich ein Résümé meiner derzeitigen Beobachtungen und ein „FAHRPLAN“ den es in den darauffolgenden Jahren zu verwirklichen galt. Ich kann Dir derzeit nicht versprechen dass mir so ein Schnippchen nochmal gelingen könnte.

Die Messlatte in Sachen Welsanglerei ist mittlerweile schon sehr hoch aufgelegt, zumindest was die reinen Fangstatistiken betrifft. Ich habe den Eindruck dass ähnlich wie in der heutigen Karpfenscene einfach nur große Fische wichtig sind, und die eigentlichen, tieferen anglerischen Gefühle und Sensationen das breite Publikum weniger interessieren.

Ich weiß allerdings die Situation nicht so genau einzuschätzen, vielleicht bin ich auch zu negativ in dieser Hinsicht, und viele eher unsichtbare und unhörbare (weil sie nicht gerne laut schreiende) Angler würden sich gerne durch ein neues Wallerbuch motivieren lassen ihre Passion nicht zu verlieren. Falls ich irgendwann eins schreibe, dann hätte ich den Anspruch, dass es deutlich über ein reines Angelbuch hinausgeht, und ich weiß zur Zeit, nicht ob ich dazu eigentlich in der Lage bin.

 

 

 

 

 

 

 

 

Vielen Dank für deine offenen und ehrlichen Worte …

Deine Antworten haben auch mich ein wenig zum Nachdenken gebracht, wohin sich die Wallerjagd in den nächsten Jahren entwickelt. Ich gebe dir vollkommen Recht. In erster Linie geht es nicht um das Erbeuten der größten Fische um jeden Preis. Vielmehr zählt die innere Einstellung des Anglers zur Sache und die persönlichen Ziele. Diese sind von Mensch zu Mensch verschieden und lassen sich gegenseitig nicht messen oder vergleichen. Man sollte fischen des Fischens wegen.

Das Gefühl in der Natur zu sein und einzutauchen in die Magie des Wassers mit dem Wunsch eine neue Aufgabe zu bestehen, hält das Feuer am brennen. Ganz egal, wie der Zielfisch gerade heißt …

Sven Dombach sagt DANKE an Thomas Flauger