Die perfekte Rute Teil 1 … von Sven Dombach
Vor gut 15 Jahren ist mir ein Buch …
von Frank de la Porte in die Hände gefallen. „Angelruten selber bauen“ lautete der Titel und dieser zog mich sofort in seinen Bann. Das Buch wurde verschlungen und danach stand für mich fest, das will ich auch. In einer Zeit ohne Internet gestaltete sich die Suche nach einem Händler, der mir die entsprechenden Zubehörteile liefern konnte sehr schwierig aber irgendwie ist es mir doch gelungen.
CMW, ein kleines Familienunternehmen in der Nähe von Würzburg. Bei Christian Weckesser finde ich bis heute alles, was ich zum Bauen benötige und ich habe in all den Jahren nur positive Erfahrungen gemacht. Ich entschloss mich zum Bau einer leichten Karpfenrute, denn diese sollte universell an meinem Hausgewässer, der Lahn, eingesetzt werden. Als der UPS das lange und vor allem auch lang ersehnte Paket anlieferte, war ich total aufgeregt und sofort wurde alles genau inspiziert. Ich war erstaunt wie eine Angelrute ohne Ringe und ohne Griff aussieht und ich war sehr gespannt, was ich daraus erschaffen könnte.
Das Ergebnis war natürlich mehr schlecht als recht aber nach der Fertigstellung war ich trotzdem stolz wie Oscar über MEINE erste Rute. Es war ein besonderes Gefühl mit meiner selbstgebauten Rute am Wasser zu sein und das Erlebnis mit einer „Selbstgebauten“ einen Fisch zu fangen war unbeschreiblich schön. Erst später habe ich erfahren, dass meine ersten Ruten nicht gebaut, sondern lediglich konfektioniert wurden aber das war mir zum damaligen Zeitpunkt absolut egal und das ist es eigentlich auch heute noch. Ich habe mittlerweile gelernt, dass Rutenbau viel mehr ist, als nur einen Griff zu kleben, Ringe anzuwickeln und abschließend zu lackieren. Blanks einkürzen, neu verzapfen, Griffe selber entwerfen und schleifen, also vorhandene Teile nach individuellen Vorstellungen zu verändern und für die Bedürfnisse des Fischers passend zu machen. Eben Rutenbau. Das sind große Herausforderungen aber diese bringen unheimlich viel Freude. Ich bin bis zum heutigen Tag begeisterter Rutenkonfektionierer und auch ein bisschen Rutenbauer geblieben und es ist jedes Mal wieder ein schöner Moment mit einer neuen, selbstgeschaffenen Rute am Wasser zu sein oder einen anderen Fischer mit einer von mir erschaffenen Rute einen Fisch fangen zu sehen.
Ist es in der heutigen Zeit überhaupt noch zeitgemäß …
Angelruten selbst zu bauen oder ist das custom made aufgrund stark gesunkener Preise im Angelrutensektor nur noch etwas für materialverliebte, verträumte Individualisten? Nach meiner Meinung hat der Rutenbau überhaupt nicht an seiner Bedeutung verloren, im Gegenteil. In einer Zeit mit einer zunehmenden Spezialisierung in fast allen Angelbereichen ist er wertvoller als je zuvor! Auch im Bereich des Wallerfischens kann man davon profitieren. Es gibt mittlerweile sehr gute Ruten zu erschwinglichen Preisen auf dem Markt und alleine aus finanzieller Sicht macht es keinen Sinn, Ruten selber zu bauen. Wer keine besonderen Anforderungen bezüglich Aufbau und Ausstattung an sein Gerät stellt, ist mit den Ruten von der Stange bestens bedient und wird damit ganz sicher auch dicke Fische fangen. Trotzdem gibt es aber auch Kollegen, die mit den Ruten von der Stange nicht uneingeschränkt zufrieden sind, sprich, denen der Aufbau und die Ausstattung nicht optimal erscheinen. Hier sollte unbedingt über ein custom made nachgedacht werden.
Natürlich kann man jetzt immer noch …
zu einem bewährten Rutenbauer gehen und sich nach eigenen Angaben seine ganz persönliche Rute aufbauen lassen. Das ist ein guter Weg! Alle diejenigen, die den Wunsch haben, sich eine passende Angelrute selbst zu bauen aber dies, aus welchen Grund auch immer, noch nicht getan haben, möchte ich mit diesem Bericht dazu motivieren es einfach anzugehen. Allerdings kann ein Bericht in einem Waller- Magazin nicht alle Aspekte des Rutenbaus aufgreifen und im Detail erläutern. Ich möchte aber versuchen, meinen heutigen Wissensstand in groben Zügen zusammen zu fassen. Im Mittelpunkt steht dabei nicht die Darstellung aller Grundlagen, sondern ich möchte gezielt auf die kleinen Dinge der Praxis eingehen, die letztendlich den Unterschied ausmachen. Es gibt in jeder Arbeitsphase kleine Tricks, die das Arbeitsergebnis wesentlich verbessern und sie helfen Fehlschritte zu vermeiden. Wenn man diese kennt, erspart man sich viel Übungsruten und vor allem auch viel Geld. Abschließend werde ich eine zusätzliche Literaturempfehlung geben, welche diesen Beitrag optimal ergänzt. Jeder Anfänger sollte dann in der Lage sein, den Bau seiner perfekten Rute ordentlich zu Ende zu führen.
Mein Angelpartner Hannes vom Clan Silure ist schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach der perfekten Waller-Spinnrute, die er einfach nicht findet. Ein hoffnungsloser Fall!? Nein, sicher nicht! Um seinen schlaflosen Nächten endlich ein Ende zu bereiten, bekommt er nun seine perfekte Rute gebaut. Am Bau einer Wallerspinnrute werde ich also im Folgenden versuchen, für jede Arbeitsphase diese wichtigen Details aufzuzeigen. Diese können natürlich auf den Bau von anderen Rutentypen übertragen werden. Bevor ich damit beginne, möchte ich an dieser Stelle noch kurz meine persönliche Philosophie bezüglich des Aufbaus einer custom made Rute erläutern. Für mich steht die Funktionalität am Wasser und eine handwerklich sauber ausgeführte Arbeit an erster Stelle. Ich lege z.B. wenig bzw. keinen Wert auf Zierwicklungen und muss sogar zugeben, dass ich das Anbringen einer Diamantwicklung nie erlernt habe, weil ich nie die Notwendigkeit dafür gesehen habe. Meine Ruten sind immer dezent in der Optik und hoffentlich sauber gearbeitet.
Blankauswahl
Der Blank ist das Herzstück jeder Rute und daher ist bei seiner Auswahl Einiges zu bedenken. Ganz grob lassen sich alle Blanks in drei Hauptkategorien unterteilen. Zum Einen gibt es Glasfaserblanks und zum Anderen sind da die Kohlefaserblanks. Die dritte Kategorie bilden Blanks, bei denen eine Mischung von verschieden Materialien vorgenommen wurde. Reine Glasblanks sind oftmals sehr schwer und besitzen eine tendenziell weiche Aktion. Sie haben eine enorme Bruchfestigkeit und gelten als unkaputtbar. Kohlefaserblanks sind wesentlich leichter, decken ein breiteres Aktionsspektrum ab aber sind anfälliger gegen Schläge, d.h. die Bruchgefahr ist wesentlich größer als bei den Glasblanks. Die größte Gruppe bilden die „Mischblanks“. Hier werden die Eigenschaften der Glas- oder Kohlefaserblanks durch Beimischung von anderen Materialien optimiert. Dafür kommen z.B Boron-, Whisker-, Aramid – bzw. Kevlarfasern zum Einsatz. Oder man mischt Glas und Kohlefaser miteinander. Ausgehend vom gewünschten Verwendungszweck und den persönlichen Wünschen sollte nun eine entsprechende Blankauswahl getroffen werde. Mann findet leider kein Blankmaterial, welches alle Einsatzbereiche optimal abdeckt Ist man sich unsicher sollte auf jeden Fall der Rat eines Fachmanns eingeholt werden. Grundsätzlich würde ich immer auf Blanks von namhaften Herstellern zurückgreifen. Bei „noname Blanks“ kann man Glück haben aber man kann auch ordentlich reinfallen.
Bevor man einen Blank aussucht …
sollte dieser auf entsprechende Mängel überprüft werden. Ich taste immer den kompletten Blank (Hand- und Spitzenteil) ab. Dabei bemerkt man jeden Lackfehler. Außerdem spürt man auch andere Unebenheiten wie Kratzer oder Rillen auf der Blankoberfläche, welche immer eine Sollbruchstelle bedeuten können. Danach kontrolliere ich die Steckverbindung. Ob Überschub- oder Zapfenverbindung ist eigentlich egal. Beide können handwerklich einwandfrei und haltbar gearbeitet sein. Wichtig ist, dass sich die beiden Teile sauber übereinander schieben lassen und danach kein „Klackern, Quietschen oder Knirschen“ zu spüren ist. Bei der Zapfenverbindung sollte noch ein Finger breit Platz bleiben, damit man eine Reserve für die Verschleißerscheinungen der Zukunft hat. Im Laufe der Zeit wird die Verbindung aufgrund des Materialabtrags immer weiter schließen. Aber jetzt keine Angst, das ist ein Prozess von vielen Jahren.
Ein weiteres Kriterium …
ist die Flucht des Blanks. Er sollte einigermaßen gerade sein und möglichst nicht in Schlangenlinien nach vorne verlaufen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass es bedingt durch die Fertigung keinen 100% geraden Blank geben kann. Abschließend schaue ich mir noch die Wandstärke an. Hier sollte es keine zu großen Unterschiede von der einen zur anderen Seite geben, da dies auf eine unsaubere Verarbeitung schließen lässt. Kleine Unterschiede wird es immer geben, da jeder Blank aus einer Matte gerollt wurde, welche natürlich einen Anfang und ein Ende besitzt. Für den Bau von Hannes Wallerspinnrute habe ich mich für einen CTS/ EST Blank in der Länge 9 Fuß und einem Wurfgewicht von 150 Gramm entschieden. Dieser Blank ist trotz seiner Dickwandigkeit sehr leicht, schlank und sauber verarbeitet. Er besitzt eine durchgehende Aktion mit extrem viel Dampf. Ideale Voraussetzungen um Kollege Waller Paroli zu bieten. Damit kann die komplette Köderpalette ordentlich und sicher präsentiert werden und man hat auch am Fisch sehr viel Freude. Hand- und Spitzenteil werden durch eine solide Überschubverbindung miteinander verbunden.
Komponenten
Die Auswahl der Komponenten ist eine Sache des persönlichen Geschmacks und daher kann hier mit kleinen Einschränkungen genommen werden, was gefällt. Für den Griff werden fast ausschließlich Kork oder Duplon verwendet. Kork unterliegt als Naturmaterial Qualitätsunterschieden und es fällt in der heutigen Zeit immer schwerer eine wirklich gute Korkqualität zu finden. Diese hat dann immer auch ihren Preis. Will man Kork verbauen, sollte dieser zur Qualitätsbeurteilung immer nass gemacht werde. Die Industrie schleift die Korkstücke gerne fein an, um offene Poren zu verschließen. Diese sind aber spätestens nach dem ersten Regenguss am Wasser offen und man ärgert sich darüber. Duplon ist wesentlich günstiger als guter Kork und ist wie ich finde eine annehmbare Alternative. Ich persönlich bevorzuge immer eine feste Duplonqualität, die sich möglichst wenig eindrücken lässt. Sowohl Kork als auch Duplon lassen sich leicht verkleben und beides kann vom Anfänger gut bewältigt werden. Als Schraubrollenhalter verwende ich immer Qualitätsprodukte. Auch hier gibt es unterschiedliche Varianten und Qualitäten. Sehr bewährt haben sich Rollenhalter aus Graphit der Firma FUJI. In letzter Zeit werden auch immer häufiger Rollenhalter aus Aluminium verbaut. Für meine Ruten nehme ich ausschließlich Graphitrollenhalter. Zum einen haben sie ein sehr geringes Gewicht und bleiben auch am Blank flexibel. Außerdem schätze ich ihre dezente Optik und es gibt im Winter nicht so schnell kalte Finger. Bei der Auswahl des Rollenhalters sollte immer auf den Blankdurchmesser und die später verwendete Rolle geachtet werden. Je mehr man einen Rollenhalter unterfüttern muss, desto größer ist die Gefahr, dass sich die Unterfütterung später löst. Ich wähle den Rollenhalter immer so klein wie möglich und so groß wie nötig.
Auf Rollenhalter aus Metall, oder Schieberollenhalter gehe ich an dieser Stelle nicht ein.
Die Ringauswahl ist nicht uneingeschränkt …
eine Sache des persönlichen Geschmacks, denn hier müssen die Ringe zum Blank und zum gewünschten Einsatzzweck der Rute passen. Z.B. machen leichte Einstegringe auf einer Wallerspinnrute keinen Sinn. Da in der heutigen Zeit verstärkt mit geflochtenen Schnüren gefischt wird, werden immer häufiger Ringe mit einer abriebsfesten SIC- Einlage verbaut. Ich verwende am liebsten Ringe der Firma FUJI. Diese sind sehr haltbar und in all den Jahren hatte ich damit fast keine Reklamationen. Mittlerweile gibt es aber auch andere Hersteller wie z.B. ALPS am Markt, die durchaus eine akzeptable Qualität liefern. Spitzenringe, die nicht nur geklebt, sondern auch noch angewickelt werden, machen Sinn, denn diese Zweifachsicherung gewährleistet dauerhaft Halt. Der Abschlusskappe kommt bei einer Spinnrute eine besondere Bedeutung zu, denn diese hat maßgeblichen Einfluss auf die Balance der fertigen Rute. Ich verwende gerne die etwas schwereren Metallkappen mit Gummikopf. Diese erhöhen zwar das eigentliche Rutengewicht aber für mich ist entscheidend, was ich später in der Hand halte. Sprich, eine etwas schwerere Abschlusskappe gleicht das Gewicht der Rute aus und lässt das Ganze harmonisch und leicht erscheinen. Bei den Garnen gibt es unterschiedliche Stärken. Auch hier sollte die Auswahl entsprechend des Einsatzzwecks der Rute getroffen werden. Der Winding Check kann aus verschiedenen Materialien sein. Von Gummi über Aluminium bis hin zu Titan. Der Winding Check bildet den Übergang zwischen Griff und Blank und hat auf die Funktionalität der Rute keinen Einfluss. Erlaubt ist hier was gefällt.
Ob man nun noch eine Hakenöse verwendet, ist ebenfalls Geschmacksache. Ich lasse diese immer weg, weil sie mich beim Handling der Rute stört. Eine feine Sache, gerade bei schweren Ruten, ist ein Sicherungsring. Dieser stabilisiert die Steckverbindung und verringert die Gefahr eines Bruchs an dieser sensiblen Stelle. Da ich wie bereits erwähnt ein Fan dezenter Optik und Funktionalität bin, habe ich Mario folgende Komponenten für seine Wallerspinnrute vorgeschlagen. Er hat diese mit den Worten „ ich vertraue dir“ abgenickt: