Die Tour der Leiden … von Sven Dombach

Sommer 2011 …

Endlich verlasse ich meinen Arbeitsplatz mit der Gewissheit 6 ½ Wochen frei zu haben. Ein geiles Gefühl. Natürlich sollte es zum Fischen gehen und in den vergangenen Wochen stellte sich mir immer wieder die Frage nach dem wohin? Für mich als eingefleischten Frankreichfischer war es eigentlich klar, dass es auch diesmal ins Land der Torro`s und Wildpferde gehen muss.

Ich habe schon seit längerer Zeit den Wunsch zwei Flüsse zu befischen, die für mich absolutes Neuland bedeuten und von denen man bisher auch noch nix gehört hat. Ja, sowas gibt es noch! Zum Glück! Für diese Fahrt ins Ungewisse war ein verlässlicher Angelpartner unverzichtbar. Und genau darin lag das Problem. Patrick, der mich auf diesem Trip begleiten wollte, hatte in der von mir anvisierten Zeit leider keine Zeit. Umdenken war angesagt.

Nach einem Telefonat mit Harry Stadlhuber von Casa Siluro stand dann endlich doch der Plan. Es geht für zwei Wochen an den Po. Für ein paar Tage wollte ich alleine fischen bis dann Patrick dazu kommt.

Die Anreise über die Alpen mit meinem eigenen Boot verlief unkompliziert …

und so saß ich nach einer durchgefahrenen Nacht bei Harry in der Küche und wurde mit bayrisch/italienischer Pasta und Weißbier verwöhnt. Niedrigwasser und Tagestemperaturen jenseits der 30 Gradmarke wurden ergänzt von einer Braunalgenblüte. Also absolute Topbedingungen für das sommerliche Wallerfischen. Aber egal. Ich war bereit alles zu geben und in 2 Wochen sollte doch zumindest EINE „Pomaschine“ an meinen Ködern lecken.

Ich hatte eine ganze Menge sehr guter Köderfische im Gepäck, die trotz der langen Fahrt alle wohlauf waren. Also konnte ich in aller Ruhe mein Boot beladen und erst gegen 18 Uhr als die Sonne nicht mehr auf voller Flamme brannte, ging es dann endlich los. Das Fischen alleine vom Boot auf diesem beeindruckenden Fluss zieht einen voll in seinen Bann. Handgriffe die normalerweise wie von selbst funktionieren werden hier immer wieder auf die Probe gestellt. Kleine Fehler werden sofort mit einem Chaos quittiert und können einen zum Verzweifeln bringen. Erfreulicherweise bemerkte ich sehr schnell, dass ich gut im Training bin und so konnte mir der Fluss zumindest was die Abläufe beim Fischen angeht keine Fallen stellen.

Der feuerrote Sonnenuntergang …

das konstante aber unregelmäßige Plätschern der Wellen gegen den Bootskörper, das leise Vibrieren der Glöckchen gepaart mit dem Geruch des Wassers entführen den Fischer in eine fast tranceartige Welt. Alles ist so unwirklich aber gleichzeitig auch so intensiv, dass man wirklich alles andere vergisst. Die Sorgen des Alltags verlieren sich in der unendlichen Weite des Flusses und alles fokussiert sich auf den einen Moment. Nämlich auf das markante „Anklingeln“ und der Gewissheit, dass die Rute kompromisslos nach unten gerissen wird. Ich war hier um die Flussgeister zu wecken!

Die lange Fahrt hatte mir doch mehr zugesetzt …

als ich dachte und so kann ich mich am nächsten Morgen nicht mehr an den Moment erinnern, als die Sonne wirklich hinter den Poufern verschwunden ist. Ich bin einfach eingeschlafen, ohne mein Nachtlager herzurichten. Fischaktivität gab es in der ersten Nacht keine aber egal. Gut ausgeschlafen und motiviert verbrachte ich den folgenden Tag mit dem Erkunden des Wassers. Sehr schnell hatte ich für die kommende Nacht einen neuen Plan. Ich vermutete die Fische aufgrund der widrigen Umstände in schnellfließenden, tiefen Gewässerabschnitten. An genau so einem Platz verankerte ich mein Boot und stellte erneut meine Fallen.

Ich hatte gerade meine dritte Rute platziert und war in Gedanken beim Abendessen, als der erste Po-Waller gewillt war mit einem beherzten „bona sera“ anzuklopfen. Ein kleiner aber sehr quirliger Geselle wurde kurz darauf mit den allerbesten Wünschen und der Aufforderung seine Urgroßmutter vorbei zu schicken in sein Element entlassen. Der Anfang war gemacht. In dieser Nacht konnte ich einen weiteren, halbstarken Fisch verhaften, aber von dem erhofften Po-Gigant war weit und breit keine Spur.

Der Platz gab mir aber nach wie vor ein gutes Gefühl …

und so entschloss ich mich eine weitere Nacht hier mein Boot fest zu machen und die tiefe Rinne zu beackern. Die Ereignisse wiederholten sich in einer unglaublichen Ähnlichkeit wie von Geisterhand, denn es war wie am Vortag. Ich hatte gerade alle Ruten ausgebracht, als die kurz hinter dem Boot abgelegte NAZGUL ganz langsam anfing, sich vor einem Siluro zu verneigen. Dieser Biss war in keinster Weise hektisch und gab mir sofort das Gefühl: „Das ist er!!!“ Ich bekomme die unter Vollspannung stehende Rute kaum aus dem Rutenhalter aber wo ein Wille da ein Weg. Anschlag und er hängt. Ganz ruhig aber sehr entschlossen zieht der Fisch in Richtung Hauptstrom.

In meinem Kopf spiele ich innerhalb weniger Sekunden den Bootsdrill mit anschließender Landung durch, denn mir ist völlig klar, dass jetzt kein Fehler passieren darf. Der Fisch nimmt Fahrt auf und trotz komplett geschlossener Penn erkämpft er sich spielerisch meine Schnur. Je mehr Schnur er mir abnimmt und je weiter er sich von der Strömung tragen lässt, desto größer wird sein Vorteil. Ich denke gerade darüber nach das Boot zu lösen, als mir ein dumpfer Ruck mit anschließend erschlaffter Schnur brutal diese Entscheidung abnimmt. Der Fisch war weg. Jeder der solch einen Moment schon einmal erlebt hat, weiß wie man sich fühlt. Man kann es nur sehr schwer mit Worten beschreiben und deshalb versuche ich es hier jetzt auch nicht.

Die Kontrolle der Montage …

brachte die Gewissheit, dass der Gigant nicht abgerissen, sondern ausgeschlitzt war. Also einfach Pech. Nicht länger darüber nachdenken, sondern weitermachen. Immerhin war es mir gelungen bereits in der zweiten Nacht den Fisch zu haken, für den ich ja immer noch fast zwei Wochen Zeit hatte. Die Platzwahl und die Präsentation hatten sich als richtig erwiesen und das ist auch schon Erfolg!

Die nächste Nacht brachte keinen weiteren Fisch und am Morgen musste ich dann zurück zum Camp um meinem Angelpartner Patrick einen gebührenden Empfang auszurichten.

Dieser ließ länger auf sich warten als geplant, und erst gegen 13 Uhr rollte sein Wagen auf Harry`s Hof ein. Gesprächsstoff gab es eine ganze Menge. Ich berichtete ihm von den Ereignissen der vergangenen Nächte und versuchte ihm nicht zu sehr seine Illusionen von Großfischmassenfängen zu nehmen. Aber ich habe ihm glaubhaft versichert, dass es alles andere als leicht wird. Ich denke er hat`s mir nicht wirklich geglaubt, denn von anderen Sommertrips an den Po war er reichlich verwöhnt.

Wir ergänzten mein Boot mit Patrick`s Tackle …

und so ging es dann bestückt mit reichlich Köfi`s und in bester Laune zu einem neuen Platz. Die folgenden zwei Nächte versuchten wir unser Glück auf einer an eine tiefe, schnelle Rinne angrenzende Sandbank. Leider ohne zählbaren Erfolg. Die Tage im Sand bei 35 Grad im Schatten OHNE SCHATTEN und OHNE WIND machen einem das Leben alles andere als leicht. Jeder Handgriff fällt doppelt schwer und man schwitzt aus allen Poren.

Man sehnt sich bereits morgens nach dem Moment, wenn die Sonne endlich verschwindet und man etwas abkühlen kann. Und so ein Tag kann verdammt lang sein. Die Getränke sind alle lauwarm und alles was man essen will, muss man auf Genießbarkeit überprüfen. Aber zum Glück hat man bei diesen Temperaturen ohnehin nicht viel Hunger.

Mir war klar, dass weitere Nächte auf dieser Sandbank …

reine Zeitverschwendung wären und ein erneuter Wechsel stand an. Und nun kam die Zeit unseres „Spezialplatzes“. Ein Platz mit überspülten Buhnen. Extrem tiefes und turbulentes Wasser mit Strudeln und Kehrwassern stellte höchste Anforderungen an den Fischer. Wir waren uns aber beide sicher, dass sie hier sind und dass wir sie hier auch fangen werden. Dieser Platz war nicht nur wegen seiner Unterwasserstruktur „speziell“, sondern auch wegen seines Uferplatzes. Sand gepaart mit spitzen und unförmigen Steinen erschwerte alles, was man am Ufer so macht. Jeder Schritt fiel schwer und machte alles andere als Spaß.

Wir präsentierten mit Grundmontagen und eine Rute wurde oberflächennah an der Steinpackung angebracht. Und genau hier kam auch der erste Biss. Ein weiterer Fisch aus der Krabbelgruppe attackierte eine für ihn überdimensionale Brasse und blieb irgendwie am Drilling hängen. Aber egal. Fisch ist Fisch und damit war klar, dass auch Patrick nicht als Schneider nach Hause fahren muss. Gut so!

In der zweiten Nacht an unserem „Spezialplatz“ …

überschlugen sich dann die Ereignisse. Der erste Biss kam bereits gegen 20 Uhr an meiner lang, flussab gelegten Grundmontage. Der Fisch hing und kam zunächst mit dem Rückwasser auf mich zu. Wenn man schon ein paar Waller in seinem Leben bezwungen hat, kann man ganz gut abschätzen, wie groß der Fisch am anderen Ende der Schnur sein wird. Natürlich ist eine zentimetergenaue Schätzung nicht möglich aber in diesem Fall war mir völlig klar, dass dies für diesen Trip meine zweite Chance auf eine Po-Maschine ist. Massig und ganz ruhig ließ sich der Fisch mit der Strömung auf mich zu pumpen. Spätestens, wenn dieser den Beginn des Kehrwassers erreicht und die Strömung flussab in seinen Rücken bekommt, wird der Fisch sein wahres Gesicht zeigen. Also war ich auf alles vorbereitet und hochkonzentriert.

Und genau so war es dann auch. Der Fisch drängt langsam in die Strömung. Ich erinnere mich noch an ein kurzes Aufschreien der Penn und dann war es wieder da. Das Gefühl von Enttäuschung, Wut, Zweifel und der bitteren Einsicht, dass man wieder nur als „zweiter Sieger“ die Arena verlassen muss. Wieder ausgeschlitzt. Ich brauche einige Minuten, um mich zu sammeln aber dann wird die Montage erneut punktgenau abgelegt und wer weiß, vielleicht geht da noch was. Und es ging wirklich noch was. Als nächstes war Patrick am Zug. Es war gerade richtig dunkel, als sein Köder von einem Waller für gut empfunden wird und nach kurzem Drill und sicherer Landung konnten wir unseren virtuellen Fischzähler um eine Ziffer weiter drehen. Aber eben wieder nur ein Kleiner. Gegen 4 Uhr in der Nacht durfte ich dann auch nochmal ran und diesmal blieb der Fisch bis zum Schluss hängen. Eine kleine Entschädigung für den Großfischverlust am Abend.

Also hatte sich die Platzwahl als richtig erwiesen …

Wir hatten uns vorgenommen viel auszuprobieren und möglichst viele unterschiedliche Spots zu befischen. Und so kehrten wir unserem „Spezialplatz“ für ein paar Tage den Rücken. Das zähe und sehr anstrengende Sommerfischen ging weiter; Tag für Tag. Wir mussten uns jeden Fisch ehrenvoll erkämpfen und der Fluss wollte und wollte uns nicht verwöhnen. Eher im Gegenteil. Bisher hatte er uns fast nur leiden lassen. Es war wie verhext und alles was einem sonst so leicht erscheint war in diesen Tagen so unendlich schwer. Nicht aufgeben, weitermachen, immer an den Erfolg glauben und vor allem mit seinem Angelpartner im Reinen bleiben. Der kann nix für den Misserfolg und im Nachhinein muss ich sagen, das ist uns bestens gelungen. Wir hatten bis zur letzten Sekunde Spaß und erlebten Erfolg und Misserfolg als Team und eingeschworene Gemeinschaft.

Es war der Trip der seltsamen Begebenheiten und er ließ uns Dinge erleben, die wir beide so noch nicht erlebt hatten. Ich weiß nicht mehr an welchem Tag es war. Nach einer weiteren, erfolglosen Nacht entschieden wir uns erneut den Platz zu wechseln. Wir verstauten unser Tackle auf dem Boot und mussten nur noch unsere Ruten „abreißen“. Aus dem Augenwinkel beobachte ich Patrick, wie er mühselig seine Montage herein kurbelt. „Da ist ein Waller dran!“, höre ich ihn rufen. Nach kurzem aber strammen Drill kann er dann tatsächlich einen wunder schönen und vor allem sehr kräftigen Fisch der 1,60er Klasse landen. Was war passiert. Der Fisch war beim Einholen auf die abgerissene Montage eingestiegen. Es war eben nichts normal und auch das passte zu 100% zu diesem Drehbuch von einem ungewöhnlichen Sommertrip. Ich würde gerne einmal wissen, wer dieses Drehbuch geschrieben hat. Ganz dicht kann der nicht gewesen sein!

Und es kam noch besser …

Neuer Platz und neue Hoffnung. Wir fischten in einem Pozulauf und hier machte es Sinn einen Teil der Montagen am anderen Ufer anzubinden. Gegen 1 Uhr in der Nacht wurde Patrick`s Aal entschlossen eingesaugt und die NAZGUL aus der Nachtruhe gerissen. Ein beinharter Drill mit kräftigen Fluchten folgte und uns war beiden klar, dass jetzt doch alles gut werden wird. Wir werden in dieser Nacht endlich den Fluss besiegen und dann ist alles gut. Der Fisch kommt in Ufernähe und nach einem riesigen Schwall zeigt er uns erstmals im Schein der Kopflampe seine mächtige und vor allem massige Schwanzflosse. Geil. Alles wird gut! Ich bereite alles für die Landung vor. Lege die Plane und das Seil zurecht und stecke mir Hakenlöser und Zange in die Hose. Alles klar. Der Fisch kann kommen. Immer wieder zeigt er sich in Ufernähe und Patrick schlägt sich in diesem Kampf sehr tapfer. Trotz des fast ruhenden Wassers gibt der Fisch immer wieder Vollgas. Unglaublich!!!

„Hängt“…???!!! „Wie hängt???“. „Der Fisch sitzt fest!!!“……… und dann kam es wie es kommen musste. Der Fisch war kurz vor dem Ufer durch ein im Wasser hängendes Seil oder durch einen Draht geschwommen und dies machte für uns eine erfolgreiche Landung unmöglich. Immer wieder schwamm der Fisch davon, wenn Patrick die Schnur locker lies. Er konnte ihn bis zu einem gewissen Punkt zurückpumpen und dann saß er wieder fest. Einen Fisch abzureißen oder zu verlieren, den man noch nicht gesehen hat ist wirklich bitter. Aber einen Fisch bewusst abreißen zu müssen, den man gesehen und eigentlich schon sicher gelandet hat, ist so unglaublich schlimm und dramatisch, dass es auch hierfür keine Worte gibt. Und es war ein guter Fisch, daran gibt es keinen Zweifel. Nach vielen erfolglosen Versuchen, den Fisch doch noch zu befreien, machte Patrick dem traurigen Spiel ein Ende und riss den Fisch ab. Einfach nur tragisch aber eben auch das gehört zum Wallerfischen. Der Fisch ist immer erst dann gelandet, wenn er gelandet ist. Keine Sekunde vorher.

Mit dieser weiteren Enttäuschung im Gepäck …

kehrten wir zurück an unseren „Spezialplatz“ und mussten leider feststellen, dass uns gerade noch eine Nacht bleibt, um diesem Höllentrip doch noch ein versöhnliches Ende zu verleihen. Der Glaube daran war zwar immer noch da aber nach dem, was alles geschehen war, ohne Zweifel ziemlich klein.

Wir legten die Montagen aus und fieberten der letzten Nacht entgegen. Es wurde dunkel und mit jeder verstrichenen Sekunde schwand auch die Hoffnung. Das Gefühl so heimfahren zu müssen wurde immer stärker und es war wirklich ein Scheißgefühl.

Die Nacht brachte einen Biss bei Patrick und der gehakte Fisch saß sofort in den Steinen fest und für Patrick wiederholte sich innerhalb weniger Stunden das gleiche, traurige Spiel. Er riss den Fisch ab. Es passte alles zusammen. Eben leider nur im negativen Sinne.

Als es bereits ganz hell geworden war, schlürften wir unseren letzten Kaffee …

Plötzlich setzte ein Treiben ein, das für diesen Trip auch zu 100% passte. Überall zeigten sich buckelnde Waller und da waren einige wirklich stattliche Exemplare dabei. Still und voller Ehrfurcht beobachteten wir dieses unvergessliche Spiel und plötzlich machte mich ein Waller vom passiven Beobachten zum Akteur, denn er hatte sich meinen Karpfen direkt an der Strömungskante genommen und er forderte mich zum Kampf auf. Darum ließ ich mich nicht zweimal bitten und ich war sofort zur Stelle. Kurzer Fischkontakt und dann saß auch dieser Bursche bombenfest. Unfassbar aber wahr. Großer Frust machte sich breit und uns beiden fehlten die Worte. Ich zog meine Schnur stramm und wollte auch dieses Trauerspiel durch Abriss beenden, als Patrick zu mir sagt. „Warte noch. Nicht abreißen“ … OK. Ich stelle die Rute zurück in den Ständer und wir tranken zusammen unser letztes Bier. Immer wieder zuckte die Rutenspitze und zeigte an, dass der Fisch immer noch hängt.

Nach einer halben Stunde steht mein Entschluss fest ..

Ich werde auf das Schlauchboot gehen und werde trotz der starken Strömung und des tiefen Wassers versuchen, den Fisch zu lösen. Ich ziehe meine Schwimmweste an und steige still aufs Boot. Patrick schaut sehr ungläubig zu und er gibt mir mehrfach zu verstehen, dass ich das besser lassen sollte. Egal. Ich will es versuchen.

Ich habe mich gerade vom Ufer abgestoßen, als mich sofort die starke Strömung erfasst und mit mir macht was sie will. Ich fühle mich wie ein Cowboy auf einem ungezähmten Wildpferd. Nach kurzer Orientierung bekomme ich aber immer mehr Kontrolle über das Boot.

Ich steuere immer wieder gegen und versuche mit kräftigen Zügen meinen Fisch zu lösen. Keine Chance. Bombenfest. Irgendwann gebe ich auf und bemerke für einen Moment nicht dass ich abtreibe. Bei geschlossener Bremse treibe ich zwar langsam aber ich treibe. Mir wird klar, dass ich das, worin der Fisch sich festgesetzt hat, mit ziehe. Die Hoffnung kommt langsam zurück. Ich fasse schnell den Plan zum gegenüberliegenden Ufer zu fahren und von dort mit festem Stand alles zu geben, was ich noch habe.

Es gelingt mir tatsächlich irgendwie …

das Schlauchboot dorthin zu steuern und mit dem Boden unter den Füßen schaffe ich es cm für cm Schnur zu gewinnen. Ich schwitze und meine Knochen schmerzen. Aber es geht. Plötzlich durchfährt mich wieder einmal ein Ruck. Nein, nicht schon wieder, denke ich. Aber diesmal ist es anders. Endlich fühle ich wieder den Fisch. Er hatte sich aus dem Hindernis gelöst. Ein wunderbares Gefühl. Die letzten Minuten dieses Drills kann ich sogar genießen. Und der Fisch kommt immer näher zu mir. Ich sehe ihn und schreie irgendwelche, an dieser Stelle völlig unwichtigen Schimpfworte in den hellen Sommerhimmel. Kurz darauf kann ich den Fisch sicher landen. Da liegt mein Po-Gigant vor mir im Sand. Ich habe ihn endlich. Ich habe den Fluss bezwungen. In diesem Moment ist es mir völlig egal, dass dieser Fisch gerade mal 1,40 m misst. Für mich ist er einfach riesig.

Ich verstaue ihn im Boot …

und fahre zurück zu Patrick ans andere Ufer. Auch dieser ist völlig aus dem Häuschen und er wirkt erleichtert. Wir setzen das Prachtexemplar zurück und sitzen anschließend einige Minuten still am Wasser. Wir nehmen Abschied von dem Fluss, der uns in den vergangenen Wochen alles abverlangt hatte. Wir packen zusammen und einige Stunden später sind wir auf der Autobahn in Richtung Heimat.

Es war viel passiert und trotz der vielen Misserfolge bin ich sehr froh, dass ich das alles erleben durfte. Für mich persönlich steht fest, dass ich wieder komme, denn die Rechnung mit dem Po wird an einem anderen Tag beglichen. Da bin ich mir sicher. Viel wichtiger ist aber wieder einmal die Erkenntnis, dass Erfolg beim Wallerfischen viel mehr ist, als der 2+ auf der Matte.

Der Umgang mit Misserfolg und das Bestehen in aussichtslosen Situationen ist das, was einen wirklich weiter bringt. Erfolg ist also immer eine Frage der persönlichen Definition und nix anderes !!!
  
In diesem Sinne …

Euer