Mehr Schein als Sein – Fangbilder unter der Lupe
Mehr Schein als Sein? – Fangbilder unter der Lupe
die Entwicklung des modernen Welsfischens schreitet immer weiter voran und findet enormen Zuspruch. Neue Wallerteams werden gegründet, Guidings im In – und Ausland werden angeboten, es gibt Wallerworkshops und sogar im Fernsehen wird über unseren Urian berichtet. Für mich als Redakteur eines Welsmagazins ist das natürlich eine sehr positive Entwicklung, denn die Grundlage für zukünftige Berichte scheint gesichert. Auch in den verschiedenen Internetplattformen und Foren finden sich täglich neue und teilweise spektakuläre Fangmeldungen von Welsen, die natürlich immer durch ein entsprechendes Fangbild untermalt werden. Viele, die fangen, möchten das auch zeigen und im Zeitalter der digitalen Fotografie und der flächendeckenden Internetzugänge geht das völlig problemlos und sehr schnell. Bereits am Fangtag ist das Foto online und mit dem Smartphone geht das sogar direkt vom Wasser.
Diese Entwicklung finde ich grundsätzlich positiv, denn auch bei mir hat sich das Zeigen der Fänge im Internet etabliert. Die Gründe, warum man seine Fangbilder online stellt, sind verschiedener Natur und ich denke auch von Person zu Person verschieden. Eine Motivation dafür ist ganz bestimmt die Freude über den Fang, die man gerne mit der Öffentlichkeit teilen möchte. Aber auch Geltungsbedürfnis und das Buhlen nach Bestätigung in Form von „likes“ und positiven Kommentaren sind oftmals die Ursache. Für diejenigen, die sich gewerblich in der Welsscene bewegen, egal, ob als Guide, Teamangler, Gerätehändler oder auch als Redakteur, stellen regelmäßig gezeigte Fänge eine positive „Visitenkarte“ dar und deshalb wird fleißig gepostet. So ganz nach dem Motto „Rasseln gehört zum Handwerk“. Ich denke für Viele kann eine Mischung aus den genannten Gründen angenommen werden. Welcher Teil dabei überwiegt, ist meiner Meinung nach nicht so wichtig.
Die Art der Bilder, die man sieht ist sehr verschieden. Da oftmals gerade die Weitwinkelbilder in der Kritik stehen, möchte ich in dieser Kolumne ein paar Denkanstöße dazu geben. Der ästhetische Anspruch an ein Fangbild ist, wie so Vieles im Leben, reine Geschmacksache. Die Geschmäcker sind eben verschieden und deshalb ist es auch völlig normal, dass es zu einem Bild unterschiedliche Meinungen gibt. Bei einem Weitwinkelbild rückt der Fisch in den Vordergrund und der Fänger in den Hintergrund. Das liegt begründet in der Perspektive. Ein Fangfoto sollte doch in erster Linie eine Erinnerung an einen schönen Moment sein, welcher durch einen schönen Fisch besonders wurde. Deshalb finde ich es gut, wenn man sich die fotografischen Möglichkeiten zu Nutze machen kann, um den Fisch gut in Scene zu setzen. Schließlich geht es um ihn, denn ER ist der Hauptdarsteller. Schaut man sich um, wird man schnell feststellen, dass auch bei den Vertretern der Karpfen oder Spinnfischerzunft gerne mit Perspektive gearbeitet wird und das „Vorhalten“ der Fische ist völlig normal. Beim Wels sehen solche Bilder natürlich aufgrund seiner Größe sehr schnell übertrieben aus.
Mit ein wenig Übung und dem Wissen um die richtige Präsentation, bzw. Position kann auch ein mittelgroßer Fisch so fotografiert werden, dass er auf dem Foto wie ein Gigant wirkt. Dafür benötigt man nicht einmal eine spezielle Fotoausrüstung. Nun frage ich mich gerade, ob es schlimm ist, wenn man so etwas macht? Ich denke NEIN, denn hier hat der Fotograf nur ein paar Dinge beachtet, die das gewünschte Ergebnis bedingen. Wenn man vom Wasser zurück kommt und seine Fangbilder sichtet, um ein Bild zum Posten auszuwählen, hat man die Wahl zwischen einem „normalen“ Bild und einer effekthaschenden Weitwinkelaufnahme. Fällt dann die Wahl auf das Zweitgenannte, handelt der Fänger nach seinem persönlichen Geschmack und das finde ich persönlich völlig legitim.
Das Hauptargument der Kritiker solcher Bilder ist, dass doch bei einem Fangbild die Relation vom Fisch zum Fänger erhalten bleiben sollte. Ein Argument, das ich absolut nachvollziehen kann. Aber ist das wirklich zwingend erforderlich? Steht das in einem „Regelwerk zur richtigen Fischfotografie“ geschrieben? Ich finde NEIN! Es gibt viele realistische Bilder, die mir gefallen und ich kann es gut verstehen, dass es genügend Anhänger dieser Art Bilder gibt. Es gibt aber auch sehr markante Fische, die zwar gut und realistisch fotografiert wurden, aber mit ein wenig Perspektive und fotografischem Wissen, hätte man das Tier ansprechender in Scene setzen können.
Jeder macht das so, wie er es gerne möchte und das ist gut so! Problematisch wird das Ganze für mich erst dann, wenn versucht wird, mit Hilfe von Bildern zu lügen. Ein vorteilhaft fotografierter 190er ist und bleibt ein 190er und er darf nicht zum 230er gemacht werden, nur weil er „gut“ fotografiert wurde. Selbst wenn der Fisch auf dem Foto wesentlich größer wirkt, muss die ehrliche Größe angegeben werden. Am besten schreibt man die Größe direkt zu dem Bild dazu, um Missverständnisse und falsche Interpretationen zu vermeiden. Leider gibt es aber auch Bilder, bei denen nicht mit der Perspektive bzw. einem Weitwinkelobjektiv gearbeitet wurde, sondern es wird mit Hilfe von Bildbearbeitungsprogrammen ein „Kunstwerk“ geschaffen, das wirklich jeden Bezug zur Realität vermissen lässt. Eben eine Fotomontage. Hier wird bewusst versucht, den Betrachter hinters Licht zu führen und dafür habe ich absolut kein Verständnis. Solche Bilder möchte ich persönlich nicht sehen.
Gegen den Einsatz von Bildbearbeitungsprogrammen zu kosmetischen Zwecken ist meiner Meinung nach generell nichts einzuwenden. Oftmals muss der Kontrast, die Belichtung oder auch die Farbgebung etwas angepasst werden, um ein ansprechendes Ergebnis zu erzielen. Das ist alles möglich und ich bin der Meinung, dass man solche Möglichkeiten durchaus ausnutzen darf, die unsere modernen Programme mittlerweile bieten. Auch das Retuschieren von Hintergründen ist, wie ich finde nicht zu verurteilen, denn nicht jeder möchte den Fangplatz verraten und dafür habe ich Verständnis.
Abschließend greife ich noch einmal die Formulierung vom Anfang meiner kleinen Ausführung auf. „Geschmäcker sind verschieden“. Und das werden sie auch bleiben. Dementsprechend wünsche ich mir Toleranz in der Bewertung von Foto`s und dabei gilt es, den Fotograf und den Fänger zu respektieren und nicht direkt immer alles anzuzweifeln. Eine gesunde Mischung aus realistischen Bildern ergänzt durch übertriebene „Eyecatcher“ ist für mich ein guter Weg. Schein und Sein dürfen sich dabei durchaus abwechseln aber bitte ehrlich dabei bleiben.