Es kommt die Zeit … von Johannes Martin

… in der das Wasser wieder steigt !!!

Langsam hebt sich die Aluschale des Einweggrills und beginnt zu schwimmen. Begleitet wird dies von einem lauten Zischen. Glücklicherweise haben wir zu diesem Zeitpunkt unsere Schwenker und Würstchen schon längst verspeist und können dem Treiben entspannt zuschauen.

Unsere Rutenhalter standen mittlerweile auch schon unter Wasser. Dort, wo ich Stunden zuvor mein T-Shirt zum Trocknen ausgelegt hatte, schwammen jetzt schon kleine Döbel und suchten im „neuen“ Lebensraum nach Fressbarem. Ein komisches Gefühl … scheinbar hatten wir bei der Platzwahl nicht alles richtig gemacht ???

Wir, das sind Bemmy, Leon, Andy und ich, nehmen es gelassen. Im Notfall würde der kleine Hügel hinter uns sicher Platz genug für die Liegen bieten, der Rest kam ins Boot, oder wurde eben nass, was soll‘ s. Wirklich wichtig war ja nur, dass die Ruten genau da bleiben konnten wo sie waren und die Chance bekämen ihre Fängigkeit unter Beweis zu stellen. Dass sie dies tun würden, davon waren wir alle überzeugt.

Wir hatten die Montagen heute teils im schnellen, sauerstoffreichen Wasser angeboten und teils zwischen Krautfahnen abgelegt, wo die Karpfen dabei waren kräftig Liebe zu machen. Alles was wir jetzt noch tun konnten war warten. Und das taten wir ja wie gesagt bereits. Leider kam in der Dämmerungsphase kein Biss, was uns schon ein mieses Gefühl für die Nacht gab. Trotzdem war die Stimmung gut, aber wie sollte es auch anders sein bei vier Bekloppten, die bei nem guten Stück Fleisch und nem kühlen Feierabendgerstensaft bis in die Dunkelheit da saßen und mit den Füßen im bereits bis unter die Stühle gestiegenen Wasser planschten. Wir redeten über viele Dinge, die uns momentan so bewegten, gaben Unmengen von geistigem Nonsens von uns und es wurde viel gelacht.

Bis mitten ins Gelächter ein Aalglöckchen platzte …

“Kein Großer“, zischt Leon bei der Drillung seines Fischs und behält damit recht. Trotzdem ist die Freude größer als sonst bei Fischen dieser Größe, denn es ist Leons Erster für diese Saison. Foto und weg isser.

In der Zeit, in der Bemmy sich darum kümmert, dass Leons Rute heute Abend noch einen Waller bringen kann richten wir das Nachtlager auf unsrem Hügel ein. Viel Platz ist nicht. Andy entscheidet sich dazu, die Beine seiner Liege voll auszuziehen und einfach im Wasser zu pennen.

Doch viel Schlaf gab es in dieser Nacht nicht. Oft wurde man von den nervösen Köderfischen aus dem Schlaf gerissen. Nervös waren sie zurecht, denn die Silure waren unterwegs.

„Kling“ – Andys Rute geht krumm …

Auch diesmal sitzt der Anhieb, doch diesmal ist der Karpfencrusher größer !!! Andys Warlock90 muss unfreiwillig einige Meter Schnur frei geben, denn der Fisch flüchtet kraftvoll in die Strömung. In der Endphase des Drills bringt er das Wasser vor unseren Füßen noch einmal richtig zum kochen. Aber irgendwas konnte da nicht stimmen. So wie der Fisch aus dem Wasser schoss und auf die Oberfläche schlug war das auf keinen Fall normal, so hatte ich das noch nie gesehen. „Ist der etwa außen gehakt!?“, schießt es mir durch den Kopf.

Ich kann es aus der Ferne nicht richtig erkennen, aber ich beschließe den Mund zu halten, um Andy nicht zu verunsichern und genau in diesem Moment fliegt mir die U-Pose um die Ohren. „Ausgeschlitzt ….“ „Fuck !!“ Ich sehe Andy den Ärger an: „Oh Mann, das war auf jeden Fall der Größte den ich bisher dran hatte … man … so ne Sch…“

In solchen Momenten ist es schwer die richtigen Worte zu finden …

Diese Erfahrungen muss jeder einmal machen und jeder muss lernen damit umzugehen. Aber nach einiger Zeit ist die Enttäuschung verflogen und weicht neuem Optimismus: “Naja, aber die Nacht ist ja noch lang!!!“ Und es sollte tatsächlich eine lange und vor allem nasse Nacht werden. Zwar war leider kein Silure mehr dabei, der an Andys verlorenen Fisch rankam, aber die Fische kamen so, dass es bis in die frühen Morgenstunden immer wieder hieß: Aufstehen, Anschlag, Drill, Foto und Rute neu fahren. Nach der dritten Prozedur dieser Art waren dann auch die letzten noch vorhandenen Socken und Schuhe nass und man wünschte sich insgeheim, dass kein Biss mehr kommen sollte, damit man endlich mal zwei Stunden am Stück pennen konnte.

Als ich am nächsten Morgen wach werde …

erblicke ich zuerst Bemmy, der seine Liege keinen halben Meter neben meiner aufgebaut hatte. Am Kopfende der Liege hatte sich ein Gast angesiedelt. Der Gast hatte acht Beine, ein dickes Kreuz auf dem Körper, und war fett ohne Ende.

Spiderman wäre wahrscheinlich neidisch gewesen auf das Gebilde, dass diese Spinne da zwischen Bemmy und den dahinter wuchernden Sträuchern zu Stande gebracht hatte. Und scheinbar hatte sie auch eine gute Nacht. Das Netz war voll mit Mücken.

Zuerst überlege ich, Bemmy das Ganze direkt zu erzählen …

aber da er ja genau so ein „Spinnenfreund“ ist wie ich und Spinnen mindestens genauso sehr liebt wie Nacktschnecken, die morgens aufm Futteral sitzen, beschließe ich ihn diese Überraschung selber entdecken zu lassen. Ich döse wieder weg und werde das nächste Mal von einem „Eh Männer, meine Tasche ist weg!?“, geweckt. Bemmy war wach und musste zu seinem Entsetzen feststellen, dass das Wasser höher gestiegen war als wir erwartet hätten und seine Kleidertasche war den Fluten zum Opfer gefallen.

„Oumann, meine Schuhe sind auch weg“ …

höre ich plötzlich Andy schnaufen, der mit seinem Schlafsack ca. fünf Zentimeter über der Wasseroberfläche liegt und wohl auch die halbe Nacht geschlafen hatte. Was für eine Freakshow. Ich halte das Ganze für einen schlechten Traum und ratze noch einmal weg. Leider war es aber kein Traum und so half es auch nichts, dass Bemmy am Morgen noch viel Zeit damit verbrachte Stellen abzusuchen an denen sich die Tasche eventuell hätte verfangen haben können. Die Tasche gehörte nun dem Fluss und Bemmy muss sich nun nach neuen Angelklamotten umsehen. Shit happens !!!

Vielleicht kann man das Ganze ja auch als Opfergabe an den Fluss sehen, die er uns in Form von Fischen wieder zurückzahlt. Man weiß ja nie, warten wir‘ s mal ab !!!

 

Bis die Tage …