Wie ein Elefant im Porzellanladen – Im Ausland sind wir Gäste

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Wie ein Elefant im Porzellanladen – Im Ausland sind wir Gäste

Das Welsfischen hat sich in den letzten Jahren extrem schnell entwickelt und es ist ein regelrechter Boom entstanden. Ganz sicher tragen auch wir als Magazin zu dieser Entwicklung bei und ich sehe mich daher dazu verpflichtet, in meiner Funktion als Redakteur eines Welsmagazins, gewisse Dinge offen anzusprechen, auch wenn das manche nicht hören möchten.

Die Anzahl der Welsangler hat ebenso,  explosionsartig zugenommen und es wird fleißig auf Waller gefischt. Der jährliche Auslandstrip ist dann für viele der absolute Saisonhöhepunkt und zu gerne werden dann im Netz die gepackten Autos, die perfekt ausgestatteten Boote und das oftmals neue und umfangreiche Tackle präsentiert. „Let´s go to Italy, let`s go to France, auf in die Schlacht“ und so weiter und so fort. Fische sollen dabei nicht gefangen, sondern „rausgehauen“ werden und die Parolen und Kommentare können bei dem neutralen Betrachter schnell den Eindruck erwecken, dass hier tatsächlich über einen Kampf oder über eine Schlacht gesprochen wird und nicht über einen Angeltrip.

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Da wir als Angler in Deutschland ohnehin keine Lobby haben, tragen solche Darstellungen natürlich auch nicht zu einer Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung unseres geliebten Hobbys bei. Und es kommt leider noch schlimmer, wenn wir unseren Blick auf die Länder richten, die seit einiger Zeit das Ziel für Heerscharen von deutschen Anglern sind. Ich selbst bin schon seit Jahren als Gastangler in unseren Nachbarländern unterwegs und ich weiß daher sehr gut, wie solche Trips dann oftmals verlaufen, die im Netz auf die oben beschriebene Weise beginnen.

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Vor einigen Jahren waren wir im Ausland als deutsche Angler willkommene Gäste und durften die Gastfreundlichkeit, Toleranz und Offenheit der ortsansässigen Fischer genießen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich diese Zeiten noch erleben durfte. Besonders an den vielbefischten und bekannten Gewässern hat sich das Blatt mittlerweile leider zum Gegenteil gewendet und ich kenne Regionen, in denen ein regelrechter Hass auf uns deutsche Angler entstanden ist. Verbrannte Autos, zerstochene Reifen und Hassparolen sind mittlerweile keine Einzelfälle mehr und auch die Zunahme der Kontrollen und die Verschlossenheit der Einheimischen sind das Ergebnis einer Entwicklung, die uns in der Zukunft den Zugang zu den Angelparadiesen im Ausland verwehren wird, wenn hier nicht schnell ein Umdenken erfolgt.

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Vielleicht fragen sich jetzt einige von euch, was genau ich hier jetzt meine und deshalb möchte ich einfach ein paar Negativbeispiele geben, die ich selbst regelmäßig am Wasser erlebe und jetzt bei meiner Herbsttour auch wieder erleben „durfte“ oder besser gesagt erleben musste. Ein nebelbesetzter Morgen im Herbst, der die faszinierende, südfranzösische Flusslandschaft in eine Zauberwelt verwandelt. Ich hatte die Nacht vom Boot aus gefischt und war auf dem Weg zurück zu meinem Tageslager. Ich fahre im Schritttempo weil ich so die morgendliche Atmosphäre besser genießen kann aber auch, weil ich damit rechnen muss, dass andere Kollegen am Wasser sind und diese möchte ich so wenig wie möglich stören. Hinter einer Kurve stockt mir plötzlich der Atem. Ich sehe ein großes Boot, das sich in der Flussmitte verankert hat und es sind zu beiden Ufern hin jeweils 4 Ruten abgespannt. Ich finde aber trotzdem einen Weg durch das „Spinnennetz“ und ich kann passieren. Dabei fällt mir die gehisste Deutschlandflagge auf, die das Boot ziert und es ist auch erstaunlich, dass die Angler scheinbar noch tief und fest schlafen, zumindest zeigen sie keine Reaktion auf meine Anwesenheit. Beim Vorbeifahren frage ich mich, was jetzt in einem einheimischen Angler vorgehen würde, wenn dieser an meiner Stelle vorbeigekommen wäre!?

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Ein anderes Beispiel. Es ist früher Nachmittag, die Sonne steht hoch am Himmel und ein Zweierteam französischer Vertikalfischer lässt sich dezent mit der leichten Strömung abtreiben. An diesem Tag ist ausnahmsweise kein Wind und das ist natürlich für erfolgreiches Aktivangeln perfekt. Beim Beobachten dieser beiden Angler fällt mir auf, dass sie zweifelsohne ihr Tun beherrschen. Sie wirken aufeinander eingespielt und sie verständigen sich völlig wortlos, nur durch kleine Gesten. Das Boot liegt optimal im Wasser und der kleine E-Motor perfektioniert die Drift. Man rechnet jetzt jeden Moment mit einem Biss und gerade als sie das, auch mir bekannte, „Epizentrum“ hinter dem Brückenfeiler passieren, hört man in der Ferne ein störendes Geräusch, das immer lauter wird. Von flussab kommt ein Boot. Der Kapitän hat freie Sicht auf das vor ihm liegende Wasser und ich bin mir ganz sicher, dass er sofort den Motor auf Schrittgeschwindigkeit drosselt, weil er ja die beiden Driftfischer sehen muss … FEHLANZEIGE!!! Mit Vollgas passiert das Boot die zwei französischen Kollegen und beim „Vorbeifliegen“ höre ich, wie sich die beiden Helden auf Deutsch unterhalten. Ich habe sie sogar erkannt und könnte hier jetzt Namen nennen aber das werde ich nicht tun. Die riesigen Wellen erfassen das treibende Boot und die beiden Franzosen können es gerade noch soweit korrigieren, dass sie nicht gegen den Brückenfeiler gedrückt werden. Das laute Fluchen kann ich ihnen nicht verübeln und es ist ein Wunder, dass sie nicht die Verfolgung aufgenommen haben.

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Und noch ein Beispiel. Ein ortsansässiger, französischer Kanuverleiher ist dabei seine Kunden mit seinem gut motorisierten Schlauchboot flussauf zur Einlassstelle zu befördern. Die Stimmung auf dem Boot ist gut und die Passagiere freuen sich auf einen schönen Tag in der Natur, denn dafür ist das Kanufahren auf diesem traumhaft schönen Fluss bestens geeignet. Dieser Kanuverleiher verdient damit seinen kleinen Lebensunterhalt und er ist auf diese Kunden angewiesen. Bereits nach der ersten Flussbiegung muss er vom Gas gehen, weil in der Innenkurve ein deutsches Team Wallerangler sein Lager bezogen hat und die Kurve „zunagelt“, obwohl es Tag ist und obwohl mit Bootsverkehr gerechnet werden muss. Leicht genervt sucht sich der Franzose den Weg durch den unübersichtlichen „Schnursalat“ und nimmt dann langsam wieder Fahrt auf. Dieses Scenario wiederholt sich in den folgenden drei Kurven und als der Mann dann einfach etwas intensiver gestikuliert, wird er von den deutschen Anglern lautstark und extrem weit unter der Gürtellinie beschimpft. Was würden wir jetzt denken, wenn wir dieser Mann wären?

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Ich könnte euch jetzt noch einige dieser Bespiele nennen aber ich denke das ist nicht notwendig, denn ihr wisst jetzt sicher, was ich meine. Dieses Verhalten von manchen Kollegen, gepaart mit großflächig gerodeten Uferplätzen, zurückgelassenen Müllbergen, riesigen Feuerstellen und einer generellen, großen Klappe in Konfliktsituationen, haben dazu geführt, dass wir in manchen Regionen nicht mehr willkommen sind und das ist sehr schade. Bevor mich hier jetzt einige falsch verstehen, möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich ganz sicher kein Saubermann bin. Auch ich habe mir Uferplätze gemacht, auch ich habe Feuerstellen angelegt und auch ich habe nachts geangelt, obwohl das in Frankreich flächendeckend verboten ist. Es wäre scheinheilig, wenn ich mich davon frei sprechen würde.

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Es geht mir hier auch nicht darum, dass in Zukunft alle deutschen Angler nur noch in Deutschland angeln. Nein, ganz sicher nicht! Ich gönne jedem diese unbeschreiblichen Momente, z.B. in der Camargue, am Ebro oder am Po, wenn sie dort mit Gleichgesinnten ihren Jahresurlaub verbringen. Es geht mir vielmehr darum, dass wir das alle mit dem nötigen Respekt gegenüber den ortsansässigen Menschen tun. Aus dem Wort Respekt kann man das Verb respektieren ableiten und damit meine ich, dass wir uns am Wasser niemals so verhalten dürfen, als würde es uns alleine gehören. Es gibt immer auch andere Menschen, die dort ihr Ding machen möchten und das ist völlig unabhängig von Land und Sprache. Gerade wenn wir uns im Ausland aufhalten, gilt das ganz besonders.

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Ich weiß, dass sich viele der deutschen Kollegen im Ausland auch so respektvoll verhalten und diese sollten sich jetzt durch meine kleine Kolumne nicht angesprochen fühlen. Ich weiß aber auch, dass es unter uns die „schwarzen Schafe“ gibt und es wäre schön, wenn diese ihre Einstellung und ihr Handeln überdenken, denn sonst werden sie daran Schuld sein, wenn wir als Gastangler nirgends mehr willkommen sind und sie selbst natürlich auch nicht mehr. Es ist dabei mindestens schon 5 vor 12 aber ich denke, es ist noch nicht zu spät. Es sind oftmals schon kleine Gesten, wie z.B. das Grüßen, wenn ein anderer Fischer vorbeikommt, das Drosseln der Bootsmaschine, wenn wir andere Angler passieren oder auch ein kleiner Plausch mit dem einheimischen Spinnfischer, der uns ganz einfach in einem anderen, positiven Licht erscheinen lässt. Natürlich ist dabei die fremde Sprache immer ein Problem aber wenn man sich traut, auch einmal mit Händen und Füßen zu kommunizieren, wird man dabei zwar inhaltlich nicht immer alles verstehen aber man stellt trotzdem einen persönlichen Kontakt her und das kommt im Ausland immer gut an.

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Nur wenn wir lernen, dass wir uns im fremden Land wie Gäste verhalten, wird man uns dort auch die entsprechende Gastfreundlichkeit entgegen bringen … Der Elefant im Porzellanladen kann nix dafür, dass er groß und breit ist aber wir können eine Menge dafür tun, dass wir auch in Zukunft in der Fremde willkommen sind.

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